Freitag, 16. Dezember 2011

11. - 12. Dezember 2011: Yucatán: Chichén Itza


Zu Hause hatten wir ja geplant, den ganzen (wie wir hörten) touristischen Teil Mexicos, die Halbinsel Yucatán, auszulassen. Insbesondere die Ruinen von Chichén Itza, die eher an einen Freizeitpark als an eine Kulturstätte erinnern sollen, wollten wir demonstrativ überspringen. Da wir uns aber auch sonst nicht an unsere in der Schweiz geschmiedeten Reisepläne halten, haben wir auch diesen über Bord geworfen. Spontan mieteten wir eine billige Unterkunft in der Ortschaft Pisté nahe Chichén Itza, um frühmorgens bei Schalteröffnung am Eingang der Ruinen zu stehen. Und es war grandios. Wir hatten den Park fast für uns allein, und konnten in Ruhe unsere Fotos von der atemberaubenden Hauptpyramide schiessen. Dieses symmetrisch angeordnete, vollkommene Meisterbauwerk faszinierte uns ungemein. El Castillo, wie es genannt wird, ist DIE Mayapyramide schlechthin. Nicht umsonst denkt man sofort an dieses Gebäude, wenn von den Indigenen Yucatáns die Rede ist. Aufgebaut als riesengrosser Mayakalender, wurden zum Beispiel insgesamt 365 Ebenen gezählt, die die Zahl der Tage des Jahres darstellen. Während der Tag- und Nachtgleiche wird durch den einzigartigen Lichteinfall und die entsprechenden Schatten zwei Mal im Jahr eine kriechende Schlange auf die Treppenstufen gezaubert. 
El Castillo (Pyramide von Kukulcán)



Ohne von Zurufen der Händler an den Marktständen („come to look, very cheap!“) und entgegenkommenden Menschenmassen gestört zu werden, besichtigten wir den Rest des weitläufigen Parks. Leider war der berühmte Ballspielplatz wegen Restaurationsarbeiten geschlossen, aber die zugänglichen Ruinen waren nicht minder interessant. Insbesondere die unendliche Säulenansammlung war einzigartig. 
Templo de los Guerreros

Columnata

Columnata

Mercado

La Iglesia

Observatorio "El Caracol"

Cenote Sagrado (natürliches Schwimmbecken)
Schade war, dass die Ruinen lediglich von unten besichtigt werden konnten. Ein Ausblick von der Spitze der Pyramiden auf die restliche Anlage wäre ein Highlight gewesen. Trotzdem werden wir wohl jedes Mal ins Schwärmen geraten, wenn wir von diesem Ort erzählen.
Ein Tipp jedoch an alle zukünftigen Besucher: Das frühe Aufstehen unbedingt in Kauf nehmen, ab 10 Uhr macht die Besichtigung der Ruinen nur noch halb so viel Spass! 
Und noch ein Wort an Ben: Du hast wohl leider auch die falsche Besucherzeit erwischt! ;)
Die Ruhe vor dem Sturm...

.... bis die Menschenmasse den Park überrollte!

Montag, 12. Dezember 2011

10. - 11. Dezember 2011: Yucatán: Mérida


Wir können uns wirklich nicht beklagen, bisher hatten wir den Wettergott immer auf unserer Seite. Angekommen in Mérida, kündigten graue Wolken aber bereits einen Wetterumschwung an. Am ersten Abend konnten wir noch trockenen Fusses die Gegend um die Gran Plaza besichtigen. Leider war der Platz wegen Restaurationsarbeiten nicht zugänglich, dafür machten wir auf der Strasse die Bekanntschaft mit Alejandro, einem übereifrigen Hobby-Reiseleiter. Dieser überrumpelte uns mit einem Redeschwall über die Maya-Kultur und die Sehenswürdigkeiten der Stadt. Ausserdem hatte er einige Worte in Deutsch drauf wie „Chuchichäschtli“, Rathaus und Genossenschaft. Mit grosser Leidenschaft schwärmte er ausserdem von den vielzähligen Möglichkeiten, die man in einer guten Hängematte hat. Diese werden von den Mayas nicht nur für die Siesta und die Nachtruhe, sondern auch für das sogenannte Hamacasutra verwendet (Hamaca = Hängematte + Kamasutra = ihr wisst schon was…). Ohne insistieren zu können fanden wir uns plötzlich in dem Laden von Hector wieder, DER Hängematten-Spezialist weit und breit. Dieser erklärte uns nicht weniger leidenschaftlich wie eine richtige Hängematte hergestellt wird und dass die Produkte von der Strasse nur für den Mülleimer sind. Vorsichtig versuchten wir ihm zu erklären, dass für uns der Kauf einer Hängematte zurzeit nicht in Frage kommt, da wir diese nicht noch 5 Monate im Gepäck mitschleppen möchten. Dies konnte er natürlich nicht verstehen, denn eine Hängematte nimmt ja gar keinen Platz weg und ist furchtbar leicht. Nun ja, nur schwer konnten wir uns aus Hector’s Fängen befreien und uns dem Abendessen zuwenden.
Am nächsten Morgen hatte uns das Regenwetter endgültig erreicht. Eigentlich wollten wir zwei Nächte in Mérida verbringen, jedoch macht eine Stadtbesichtigung bei diesem Wetter nur halb so viel Spass. So beschlossen wir es bei einer halbtätigen Erkundung zu belassen, und noch am gleichen Tag nach Chichén Itza weiterzureisen. Die Kathedrale an der Gran Plaza hat uns sehr gut gefallen, da sie vor allem durch ihre Schlichtheit auffällt. Die Strassen wirkten durch das Wetter eher grau und unscheinbar, aber bestimmt ist Mérida bei Sonnenschein einen Besuch wert. 
Kathedrale by night


Kathedrale von innen

Gran Plaza

Rathaus

Templo de Mérida Yucatán

8. - 10. Dezember 2011: Quintana Roo: Tulum


Das spektakuläre Bild der Ruinen von Tulum auf einer Klippe mit Blick über das karibische Meer ziert die Titelseite unseres Reiseführers von Mexico. So konnten wir also unmöglich auf den Besuch dieser Stätte verzichten. Kaum hatten wir den Busterminal von Tulum verlassen, strömen uns bereits die Touristenmassen entgegen. Es scheint, dass alle Mexico-Reisenden demselben Reiseführer folgen. Rund um die Hauptstrasse des Zentrums von Tulum findet man zahlreiche Unterkünfte und Restaurants, jedoch wurde zum Glück auf unschöne Überbauungen verzichtet. Das Hostel unserer Wahl hatte leider keinen Schlafplatz mehr frei, dafür trafen wir überraschenderweise das polnische Paar Emilia und Mikolaj wieder, die wir in Monte Albán kennengelernt hatten. Sogleich verabredeten wir, die Ruinen am kommenden Tag gemeinsam zu besichtigen. So holten wir die beiden am nächsten Morgen ab und erreichten nach wenigen Kilometern den Eingang der Ruinen. Bereits am Eingang waren wieder alle Nationen vertreten, und erst recht im Innern des Parks… Hier kommen wohl täglich einige Reisebusse aus Cancún und Playa del Carmen an, welche die All-Inclusive-Touristen für einen Tagesausflug nach Tulum bringen. So ist es leider auch an diesem Tag, und wir kämpfen um die besten Fotoplätze. Obwohl diese Ruinen die bisher touristischsten sind, gehen wir staunend durch den wunderschön gestalteten Park, der uns zu der berühmten Ruine auf den Klippen führt. 

hier der Park noch menschenleer...

... und nachhdem der Bus ankam!
Live ist der Blick über das türkisfarbene karibische Meer und die Klippen noch eindrucksvoller als auf dem Titelblatt. Die Ruinen thronen stolz auf den Felsen und scheinen das Festland zu bewachen. Unsere Gedanken schweifen zu den Mayas, die diesen Anblick jeden Tag geniessen durften. Genauso stolz wie die Ruinen bewegen sich die Leguane durch den Park. Die Tiere scheinen die Kameras gewohnt zu sein und zeigen uns ihre schönsten Posen. 


die stolzen Bewacher

Obwohl sich der zu den Ruinen gehörende Strand bereits sehr gefüllt hatte, konnten wir einer Abkühlung mit dieser Kulisse nicht widerstehen. 


Nachdem wir uns an dem Park und den Ruinen satt gesehen hatten, besuchten wir auch noch die nahe gelegenen Strände Maya und Paraíso. Der feine weisse Sand unter unseren Füssen war ein Traum. Leider war das Wetter etwas wechselhaft, aber wir liessen uns die karibische Stimmung unter den Palmen trotzdem nicht vermiesen. 



Am Abend trafen wir uns wieder mit Emilia und Mikolaj zum Tacos-Schlemmen – was für ein Festmahl! Wir sprachen über Gott und die Welt und tauschten Rezepte von typischen Landesgerichten aus. Die beiden reisten noch am selben Abend weiter nach Belize. Ihre viel zu schweren Rucksäcke sind rappelvoll mit Bergausrüstung für ihr grosses Ziel: Eine Kletterpartie auf dem höchsten Berg Südamerikas, dem Aconcagua auf der Grenze zwischen Chile und Argentinien. 
Emilia und Mikolaj

Samstag, 10. Dezember 2011

7. - 8. Dezember 2011: Campeche: Ruinen von Calakmul


Die Ruine Calakmul soll laut Reiseführer noch gewaltiger und eindrücklicher sein als diese von Tikal in Guatemala. Da wir eh schon in der Gegend sind, konnten wir uns diese natürlich nicht entgehen lassen. Niemand konnte uns genau sagen, von wo aus man diese Stätten am besten besuchen soll, und so machten wir uns auf nach Escárcega, von wo aus man einen weiteren Bus nach Xpujil nehmen konnte, um von da aus die Exkursion nach Calakmul zu organisieren. In Escárcega angekommen mussten wir vom Ankunftsbusbahnhof zu einem anderen Terminal am anderen Ende der Stadt gehen. Wir holten widersprüchliche Auskünfte ein zur Distanz zu unserem Abfahrtspunkt, und entschlossen uns, dem Rat des übergewichtigen Mexikaners nicht zu folgen und uns ein Taxi zu sparen. So marschierten wir der unspektakulären Hauptstrasse entlang durch Escárcega, und hofften, mit den immer schwerer werdenden Rucksäcken bald am Ziel anzugelangen. Und schon passierte es: Links und rechts schauend watschelte ich Alessandro nach, und übersah glatt die Unebenheit des Trottoirs vor mir. Im nächsten Moment lag ich schon verblüfft am Boden. Resultat: ein aufgeschlagenes Knie und ein schmerzendes Fussgelenk. Durch das Gewicht des Rucksacks konnte ich das Gleichgewicht nicht mehr halten und knickte deshalb mit dem Fuss nach aussen ab und fiel hin. Sogleich eilte ein aufmerksamer Mexikaner zu Hilfe, um mich zusammen mit Alessandro wieder auf die Beine zu stellen (mexikanisches Essen macht schwer!) und mir eine Sitzgelegenheit beim nahen Essensstand zu besorgen. Unter Schmerzen, aber glücklicherweise war es trotzdem möglich, den verletzten Fuss zu belasten. Sofort bekamen wir einen Eisbeutel und konnten die Schwellung damit in Zaum halten. Nach der ersten Schrecksekunde erinnerte ich mich an die zahlreichen Misstritte aus meiner Kindheit, die von selber nach einigen Tagen wieder abheilten. Und so riefen wir doch noch ein Taxi, um die letzte Strecke bis zum Busbahnhof zu kommen. Dort angelangt konnten wir sogleich unsere Weiterreise buchen und mussten nicht lange im schmuddeligen Wartesaal ausharren. Auch eine Apotheke befand sich gleich nebenan, wo Alessandro mir die lebensrettende Voltarensalbe besorgen konnte. In Xpujil, einem kleinen Durchgangsort auf dem Weg zu verschiedenen Ruinen der Gegend (hier befinden sich die meisten Ruinen der ganzen Yucatanhalbinsel), nahmen wir das erstbeste Hotel und verabredeten uns mit einem Taxifahrer für den nächsten Morgen, um zu den 120km entfernten Ruinen zu gelangen. Gegen Abend wurden die Schmerzen immer schlimmer, wonach wir entschieden, dass Alessandro Calakmul auf eigene Faust erkunden muss. Ich beschloss jedoch mitzufahren, um am Eingang der Ruinen auf ihn zu warten, da in Xpujil die Wartezeit nicht angenehm gewesen wäre. So fuhren wir bereits morgens um sechs Uhr los und kamen im schön gestalteten Museum an, von wo aus man mit Kleinbussen die letzten 40km durch den Dschungel zurücklegen musste. Ich richtete in der Museumshalle mein Büro ein, um die kommenden fünf Stunden mit Lesen und Computerarbeiten zu überbrücken. Nachdem ich mich ausgiebig mit der Weiterreise und dem Museum beschäftigt hatte, versuchte ein Mitarbeiter des Museums meinen Fuss mittels Energieübertragung und Handauflegen zu heilen. Keine Ahnung ob diese Prozedur geholfen hat oder ob die relativ lange Schonzeit Wunder wirkte, jedenfalls fühlte sich mein Fuss bereits besser an und auch das Gehen fiel mir nicht mehr so schwer wie am Morgen. Nach dieser interessanten Begegnung ging es auch nicht mehr lange, bis Alessandro wieder auftauchte. Mit einem verzweifelten Blick sagte er zu mir: „Bitte sag mir, dass meine Jacke (Aconcagua) bei dir ist!“. Ich wusste jedoch, dass wir diese noch extra in seinen Rucksack gepackt hatten und er diese garantiert mit auf seine Dschungeltour genommen hatte. Also war das Ding irgendwo auf dem Weg verloren gegangen… Was für ein Pech wir auch hatten in den vergangenen zwei Tagen! Den wartenden Taxifahrer schickten wir anschliessend zurück und entschlossen uns, die zweistündige Hin- und Rückfahrt vom Museum zu den Ruinen durch den Dschungel noch einmal in Angriff zu nehmen, um das teure Kleidungsstück zu suchen. Der sympathische Handaufleger, Joaquin, erklärte sich bereit, uns anschliessend mit seinem Privatauto zum Busbahnhof von Xpujil zurückzufahren. Trotz schlechtem Gewissen blieb uns fast nichts anderes übrig, als sein Angebot anzunehmen! So machten wir uns auf, dieses Mal zusammen mit mir, mit den überdimensionalen Golfwagen die Strecke zu den Ruinen noch einmal zurückzulegen. Auf dem Weg erzählte mir Alessandro von seiner eindrücklichen Tour durch Calakmul:
Die 40km bis zum Eingang der Ruinen gestalteten sich spannender als gedacht. Alessandro blieb kaum eine Möglichkeit einmal kurz die Augen zu schliessen, schon hielt der Busfahrer wieder an und zeigte den Mitreisenden ein anderes exotisches Tier: Fasane, Truthahne, überdimensionale blaue Schmetterlinge und waschbärähnliche Vierbeiner überquerten die Strasse vor den neugierigen Blicken der Touristen. 
Truthahn

Waschbär?!
Am Eingang angekommen bahnte er sich während 20 Minuten seinen Weg durch den dichten Dschungel ohne eine Ruine zu entdecken. 
Doch dann eröffnete sich plötzlich sein Blick auf die ersten Steingebilde. Wie gewaltig sich diese zwischen den uralten Bäumen abzeichneten. 
Unter den Augen von unzähligen Affen, die sich geschickt von Ast zu Ast bewegten, erkundete Alessandro die verschiedenen Gebäude, die immer wieder überraschend vor ihm auf dem Pfad auftauchten. 
Besonders beeindruckend war die Hauptpyramide, deren Treppe steil in die Höhe ragte. Von ganz oben hatte er einen atemberaubenden Ausblick: Dichter Urwald, soweit das Auge reicht, und ab und zu eine Pyramide die aus dem satten Grün herausragt. Durch den dichten Dschungel war jedoch von oben nur ein Bruchteil der zu besichtigenden Ruinen zu sehen. Da Calakmul nur auf eigene Faust zu erreichen ist, waren kaum andere Touristen unterwegs, was das Urwald-Erlebnis noch einmal intensivierte. 
Grosse Pyramide


Aussicht von der grossen Pyramide



Unermüdlich erkletterte Alessandro jede der zahlreichen hohen Pyramiden um ja nicht den besten Aussichtspunkt zu verpassen. Wie gerne wäre ich auch dabei gewesen! 
Aussicht auf die grosse Pyramide


Aussicht auf die grosse Pyramide

Nach einer schweisstreibenden Suchaktion (Alessandro legte den ganzen am Vormittag absolvierten Weg noch einmal rennend zurück) war die Jacke leider nach wie vor nicht auffindbar. Dieser Gedanke trübte im ersten Moment die Erinnerung an das atemberaubende Erlebnis in Calakmul, aber ein Gegenstand ist leicht zu ersetzen, und somit werden sich bestimmt ausschliesslich die überwältigenden Bilder im Kopf einbrennen.
Wie versprochen brachte uns Joaquin nach Xpujil zurück, wo wir den Bus nach Chetumal nehmen wollten. Gerne luden wir unseren selbstlosen Helfer aber vorher zu einem Dankeschön-Abendessen ein. Solche Menschen wie Joaquin sollte es noch viel mehr auf der Welt geben.