Dienstag, 27. März 2012

12. – 17. März 2012: Kolumbien: Leticia (Amazonas)


Von Panama City aus flogen wir über Bogotá direkt weiter nach Leticia, ein Ort, der sich im Amazonasgebiet von Kolumbien befindet und ein Dreiländereck mit Peru und Brasilien bildet. Ausserdem ist Leticia unser einziges Reiseziel, das sich südlich des Äquators befindet. Bereits während dem Flug konnten wir die gewaltigen Grünflächen des Amazonas bestaunen. Kilometerweit sind kein bewohnter Fleck, sondern nur Regenwald und vereinzelte Flüsse zu sehen. Da wir während der Regenzeit in Leticia ankamen, waren ausser uns nur wenige Touristen auf der Strasse zu sehen. Regenzeit bedeutet jedoch nicht, dass es dadurch kühler gewesen wäre. Nein, wir erlebten wahnsinnig heisse und vor allem feuchte Tage, die uns mächtig ins Schwitzen brachten. 

Urwald, so weit das Auge reicht
auch vom Flugzeug aus wirkt der Amazonas gewaltig
mehr Motorräder als Einwohner in den Strassen Leticias

Uferpromenade

der Amazonas in greifbarer Nähe


Am ersten Tag erkundigten wir uns nach den verschiedenen Tourmöglichkeiten, schliesslich wollten wir den Amazonas möglichst nahe erleben. Wir schlossen uns mit einer Französin zusammen, um gegen Ende der Woche eine Bootstour am Amazonas entlang mit einer Übernachtung zu machen. Für den Tag davor buchten wir eine Dschungelwanderung mit Übernachten mitten im Urwald in einer Hängematte. 

Bis dahin hatten wir zwei Tage Zeit, um den Ort Puerto Nariño zu besuchen, der per Boot zwei Stunden von Leticia entfernt liegt. Allein schon die Bootsfahrt über den Fluss Amazonas war die Reise nach Puerto Nariño wert. Der enorm breite Fluss besticht zwar nicht gerade durch seine braune Farbe, bei strahlendem Sonnenschein spiegeln sich aber der blaue Himmel und die weissen Schäfchenwolken auf der Wasseroberfläche und mit den unendlichen Grünflächen an den Seitenufern entsteht ein traumhaftes Landschaftsbild. 

Schnellboot nach Puerto Nariño





In Puerto Nariño angekommen stach uns vor allem das viele Wasser ins Auge, das Teile des Ortes bereits überschwemmt hatte. Die Menschen haben sich mit dieser Situation aber bestens arrangiert und lassen sich nicht dadurch stören. So war zum Beispiel der nahe am Wasser gelegene Sportplatz knietief im Wasser versunken, was dem Fussball- und Basketballspiel aber keinen Abbruch tat sondern eher noch den Spassfaktor steigerte. Die Kinder kletterten die Bäume hoch und liessen sich aus wenigen Metern ins Wasser plumpsen. Hatte es nicht Anacondas, Piranhas und Kaimane im Amazonas? Hoffentlich gefällt diesen Tieren die laute Umgebung nicht. 

indigenes Dorf am Amazonas

Ankunft in Puerto Nariño

Wasserball?!

Alessandro wäre auch gerne mitgeklettert...


An der Anlegestelle von Puerto Nariño wurden wir bereits von einer Delegation unserer Unterkunft erwartet, die uns mit einem kleineren Boot abholten und in die etwas ausserhalb gelegenen Cabañas Alto de Aguila brachten. Diese rustikalen Stelzenhäuser wurden auf einer kleinen Anhöhe errichtet, von wo aus man einen wunderbaren Blick über einen Flussarm des Amazonas hatte. Das Hostel des ehemaligen Paters Fray nimmt ausserdem Tiere auf, die die Polizei als Schmuggelware beschlagnahmt hat, um diese später in die Freiheit auszusetzen. Die farbenfrohen Papageie und die frechen Äffchen hatten sich jedoch bereits so an die Annehmlichkeiten eines Haustiers gewöhnt, dass diese nicht mehr scharf auf die Freiheit sind und lieber von den Touristen gefüttert werden. Kaum angekommen hatte ich also bereits drei Äffchen auf den Schultern, was mir, wie man auf dem Foto sieht, nicht sonderlich geheuer war. Hier lernten wir auch noch andere Plagegeister kennen, die Mosquitos. Klar kennt man auch unsere Mücken in der Schweiz, aber diese Amazonasviecher kennen wirklich keine Gnade und attackieren rücksichtslos auch in Kleider gehüllte Körperteile. 

Aufstieg zu unserer Mosquito-Residenz...

... mit Aussichtsturm

schöne Aussicht auf einen Amazonas-Arm

hier fanden wir die Tierchen noch niedlich

Affenmutter

wer hat den grösseren Schnabel?!

auch Kaimane sind Opfer der Schmuggler


Da unsere Unterkunft keine Mahlzeiten anbot, wurden wir mit dem Boot wieder zurück nach Puerto Nariño gebracht, um dort unsere Einkäufe zu tätigen und das Dorf zu erkunden. Wir hatten nicht viel von Puerto Nariño erwartet, waren aber fasziniert von den schachbrettförmig angelegten Wegen, den verschiedenen Brücken und dem vielen Wasser um uns herum. 

ein Traum wurde wahr - wir auf dem Amazonas

Bilder sagen mehr als tausend Worte...




der Ort der gefühlten tausend Brücken



... und der autofreien Wege


Im Supermarkt lernten wir Leopoldo kennen, der Amazonastouren für wenig Geld veranstaltet. Wir verabredeten uns für den nächsten Morgen, um unsere erste Entdeckungsreise zu starten. Nach einem leckeren Nachtessen in Begleitung eines deutschen Paares, das wie wir während sechs Monaten Zentral- und Südamerika bereist, gingen wir zu Fuss zurück zu unserer Unterkunft. Zum Glück hatten wir die beiden dabei, die den Weg bereits einmal gegangen waren, sonst hätten wir uns in der Dunkelheit trotz Stirnlampen unglücklich verlaufen, denn der normale Weg war durch die Überschwemmungen unzugänglich, weshalb wir einen Umweg über den matschigen Friedhof nehmen mussten. Bevor wir uns in unser Bett zurückziehen konnten mussten wir noch eines der Hausäffchen vertreiben, das sich durch unsere Cabaña hangelte und insbesondere an unserem Mosquitonetz seine grosse Freude hatte. Auch die Bettwäsche mussten wir noch wechseln lassen, da das arme Tier vor lauter Stress noch sein Geschäft da erledigt hatte…

Affenjagd...



In der Nacht erlebten wir den ersten richtigen Amazonas-Wolkenbruch. Es schüttete was das Zeug hielt und trommelte unerbittlich auf das Blechdach. Durch diesen ohrenbetäubenden Lärm überhörten wir dann auch den Wecker und schafften es nur mit grösster Eile, einigermassen zur vereinbarten Zeit bereit zu sein. Immer noch regnete es, und von Leopoldo war weit und breit keine Spur. Etwas gefrustet setzten wir uns in den Gemeinschaftsbereich und warteten, bis unser Führer endlich auftauchte. Der Arme war seit den frühen Morgenstunden auf den Beinen um das Boot von den Wassermassen zu befreien – so war jedenfalls seine Ausrede. Mittlerweile hatte der Regen zum Glück aufgehört und mit neuer Motivation starteten wir zusammen mit der Französin Jessica und dem Belgier Serge die Fahrt. Auf dem Weg zur ersten Lagune hatten wir dann riesiges Glück, und sahen aus nächster Nähe die rosa Delfine, die für den Amazonas so berühmt sind. Mit Pfeifen lockte Leopoldo die Tiere immer wieder zu unserem Boot, von wo aus wir sie immer wieder auftauchen und Luft holen sahen. Ein atemberaubendes Erlebnis. 

endlich hatte Leopoldo sein Boot vom Wasser befreit

Serge & Jessica


wer findet den rosaroten Delfin?


Mit dem Boot fuhren wir anschliessend weiter zur Laguna de Tarapoto, wo sich Alessandro und Serge überwanden und in das trübe Wasser sprangen. Durch den Bosque Inhundado (überschwemmten Urwald) erreichten wir ein weiteres Highlight: Die riesigen Blätter der Lotusblume, die schwerelos auf der Wasseroberfläche zu schweben schienen. Nie hatten wir Blätter mit so grossem Umfang gesehen. Zum Schluss besuchten wir noch ein indigenes Dorf in Peru, das wir über Baumstämme balancierend und streckenweise barfuss durchs Wasser watend erkundeten. 

der, der mit den Piranhas schwimmt...

... und überlebt hat

Bosque Inhundado - in der Trockenzeit kann man hier zu Fuss gehen


früh übt sich wer ein Nussschalen-Meister werden will

Blätter der Lotusblume





Lotusblume

Eingang zu einem indigenen peruanischen Dorf

und schon verschwindet der Weg im Wasser

hier ist ein guter Gleichgewichtssinn gefragt

und nun, wie weiter?

na klar, Schuhe weg und weiter durchs Wasser!


Zurück in der Unterkunft angekommen überbrachte uns die Französin die Nachricht, dass sie die mit uns zusammen geplante Tour nicht mehr machen wollte. Dies versetzte uns in eine blöde Lage, da wir unsere Reisepläne den ihren angepasst hatten und nun nicht mehr garantiert war, dass wir die Tour machen konnten, da der Preis von der Teilnehmerzahl abhing. Wie geplant kehrten wir trotzdem nach Leticia zurück, während sie und der Belgier noch eine Nacht in Puerto Nariño verbringen wollten. Die Rückfahrt auf dem Amazonas war etwas weniger beeindruckend, da der Himmel mit grauen Wolken verhangen war. 

In Leticia bezogen wir unser vorreserviertes Hotelzimmer und kontaktierten umgehend das Reisebüro, um die eintägige Amazonaswanderung wegen dem hohen Wasser abzusagen und uns zu erkundigen, ob sich noch weitere Interessenten gefunden hatten, um die Französin auf der Flusstour zu ersetzen. Sie baten uns am nächsten Tag wieder zu kommen, da noch die Zusage anderer Touristen ausstehend war. 

Den freien Tag nutzten wir, um am Pool zu faulenzen und die Blogeinträge zu aktualisieren. Ausserdem beschlossen wir, den Ort Santa Rosa in Peru für ein spätes Mittagessen zu besuchen. Viel mehr als einige Restaurants waren dort jedoch nicht zu finden. Einen Unterschied zu dem Nachbarort auf der kolumbianischen Seite des Amazonas konnten wir nicht feststellen. Vor allem die verrückten Restaurantbesitzer werden uns in Erinnerung bleiben, die Affen züchten und diese in kleinen Käfigen oder angekettet dahinvegetieren lassen. Traurig beobachteten wir das eine Tier, das aus lauter Langeweile Kunststücke einzustudieren schien. 

Swimming Pool unseres Hotels

auf der anderen Flusseite beginnt bereits Peru



Kolumbien vs. Peru - wer findet den Unterschied?

Freiluft-Coiffeur ohne Elektrizität

Dressur-Affe :-(


Im Boot auf dem Rückweg sahen wir dann, dass über Leticia eine riesige graue Rauchwolke schwebte. Wie uns der Bootsführer berichtete, sei eine Bäckerei nahe dem Hafen in Flammen aufgegangen. Und tatsächlich, gleich in der ersten Strasse Richtung Zentrum brannte ein Gebäude lichterloh und das ganze Gebiet war von der Feuerwehr abgesperrt. Wir hofften inständig, dass das Feuer nicht auch noch auf die hauptsächlich aus Holz errichteten Nachbargebäude übergeht. Die Situation der Betroffenen stimmte uns sehr nachdenklich, da diese bestimmt nicht über eine Versicherung verfügen und deshalb vor einem schwierigen Neuanfang stehen. Gegen Abend hatte die Feuerwehr zum Glück die Situation im Griff, wie das Lokalfernsehen zu berichten wusste. 

dicke Rauchwolke über Leticia

Grosseinsatz der Feuerwehr


Betreffend der Amazonastour bewahrheiteten sich unsere Befürchtungen: es waren keine weiteren Anmeldungen eingegangen und die Tour für uns deshalb unerschwinglich. Da es für uns rund um Leticia durch das Wetter nicht mehr viel zu entdecken gab, verlegten wir unseren Flug einen Tag vor, um nicht am Hotelpool zu versauern. 

Den letzten Tag nutzten wir noch, um auch die brasilianische Grenzstadt Tabatinga zu besuchen. Mit einem Mietroller fuhren wir über die Grenze (natürlich ohne kontrolliert zu werden), und kurvten durch das wenig spektakuläre Örtchen. Nun war alles in Portugiesisch gekennzeichnet, und aus den Boxen dröhnten Samba-Rhythmen. Abgesehen davon konnten wir keine Unterschiede entdecken, denn auch Spanisch sprachen alle. 

zentraler Platz Tabatingas



Da wir uns etwas mit der Reisezeit verschätzt hatten, konnten wir nicht alle gewünschten Aktivitäten unternehmen. Um den Amazonas, den wasserreichsten Fluss der Welt, zu erleben, war uns aber vor allem wichtig, diesen auf dem Wasserweg zu erkunden. An Wasser mangelte es während dieser Zeit überhaupt nicht, weshalb der Amazonas bei uns trotzdem einen gewaltigen Eindruck hinterlassen hat. 

bye bye Amazonas...