Freitag, 20. April 2012

8.– 11. April 2012: Kolumbien: Salento / Valle de Cocora


Wie wohl alle wissen, kann ich mit Kaffee und allen irgendwie verwandten Produkten so gar nichts anfangen. Trotzdem wäre ein Kolumbienbesuch unvollständig ohne den Eje Cafetero, die Kaffeezone, gesehen zu haben. Deshalb war unser nächstes Ziel Salento. 

Nach mehrstündiger Busfahrt erreichten wir am frühen Nachmittag das graue Salento. Ein weiteres Kolonialstädtchen mit gepflasterten Strasse und einem farbigen Zentralplatz, der durch die Semana Santa noch mit Essens- und Souvenirständen zugestellt war. 

Strassen von Salento

Kirche auf dem zentralen Platz

Calle Real: die Hauptstrasse ist überfüllt von Semana Santa Touristen

die farbigen Balkone fallen uns als erstes ins Auge



Um dem Regen zuvorzukommen, erklommen wir sogleich die Treppenstufen zum Mirador, um den Ort von oben zu sehen, aber auch das auf der Gegenseite gelegene Tal. Trotz des Regens, der kaum oben angekommen einsetzte, fanden wir den Ausblick wunderschön. Auch hier war wieder alles grün, soweit das Auge reicht. Die Hügel in den verschiedensten Grüntönen waren teilweise nur noch an ihrer Silhouette hinter den Nebelschwaden zu erkennen. Wir warteten ein wenig mit der Hoffnung, dass der Regen bald nachlässt, aber wir hatten keine Chance, trockenen Fusses zum Hostel zurückzukommen. 

Aussicht vom Mirador über den Ort


das gegenüberliegende Tal versinkt langsam in den Wolken



wo es so grün ist muss es wohl viel regnen...



leckere Obleas unter dem Regendach


Bei diesem Wetter war unser Hostelzimmer eher ungemütlich. Heizungen sind hier ein exotischer Luxus und deshalb kaum anzutreffen. Durch die Feuchtigkeit fühlten sich die Temperaturen noch einmal unangenehmer an. Unter zwei Wolldecken gekuschelt konnten wir aber angenehm schlafen.

Ein Muss für jeden Salento-Touristen ist der Besuch des Valle de Cocora. Schon in Panama hatten wir uns von diesem Ort erzählen lassen und brachen deshalb voller Elan zu dieser Wanderung auf. In Gummistiefeln, die wir im Hostel gemietet hatten, stapften wir durch die teilweise sehr morastigen Pfade. Wir waren eine lustige Truppe: zwei argentinische Paare (ohne Mate-Becher) und ein deutsches Paar begleiteten uns auf dem Weg durch die wunderschönen Hügel. Zeitweise kamen wir uns vor wie in der Schweiz mit den vielen Kühen, die auf den Weiden grasten und nicht einmal abgemagert aussahen. 

in Gummistiefeln bereit für den Transport ins Valle de Cocora

hochmotivierte Gruppe vor der Wanderung

die ersten Wachspalmen säumen schon am Anfang unseren Weg


bei diesem Wetter macht das Wandern besonders Spass




wer hat denn dieses Bild aus der Schweiz hereingeschmuggelt?!?

violette Farbtupfer lockern das viele Grün auf


von den matschigen Strassen lassen wir uns nicht entmutigen...

... schliesslich haben wir Gummistiefel!
ein Abschnitt führt uns auch durch den Nebelwald...

... und zu einem Wasserfall

über sieben Brücken musst du gehn...


Die erste Station war eine Anhöhe, die wir alle schnaufend erreichten. Dort versorgt ein Bauer die hier ansässigen Kolibris mit Zuckerwasser, womit er sich eine Touristenattraktion angeschafft hatte. Für das Eintrittsgeld erhielten wir alle eine Tasse Schokolade, wahlweise mit einem Stück Käse dazu (der natürlich extra gekostet hätte…), leider mit Wasser angerührt. Wir verwöhnten Schweizer (und Italiener) konnten uns mit dem Schokoladenwasser nicht wirklich anfreunden, Argentinien kam aus dem schwärmen fast nicht mehr heraus. Naja, Geschmäcker sind ja bekanntlich verschieden. Lustig anzusehen waren die verschiedenen Kolibriarten, die um die Wasserstationen herumschwirrten und sich durch die Kameras nicht beirren liessen. 

die Kolibri-Finca serviert Schokoladenwasser anstatt Ovi

eine der verschiedenen Kolibriarten

ob Zuckerwasser besser schmeckt als Schoggiwasser?!?



Gestärkt setzten wir unseren Weg fort. Diese Stärkung hatten wir auch nötig, schliesslich wartete noch der anstrengendste Teil auf uns, wie uns Enrique aus dem Hostel versichert hatte. Er sollte Recht behalten. Alle kamen etwas geschafft am höchsten Punkt an (2‘860 m.ü.M), meine rote Rübe war aber von niemandem zu übertreffen. (super Veranlagung, gäu Mami!) 

der letzte Teil des Aufstiegs...

... bald haben wir es geschafft!

phuuu, Erleichterung auf 2'860 m.ü.M.

Freudensprünge

die Gipfelstürmer brauchen eine Pause

neben den Margritli wachsen auch rote Rüben


Das Highlight sollte aber erst auf dem noch fehlenden Wegstück auf uns warten, weshalb wir unsere Kräfte wieder mobilisierten und weitergingen. Als wir endlich beim Tal der berühmten Wachspalmen ankamen, standen wir alle mit offenen Mündern da. Diese gigantischen, in den Himmel ragenden Palmen (der Nationalbaum Kolumbiens kann bis zu 70 Meter hoch werden) in dieser grossen Anzahl zu sehen war – ich finde keine treffendere Beschreibung – atemberaubend. Wir setzten uns alle erst einmal ins Gras und konnten dieses Naturwunder kaum glauben, geschweige denn in Worte fassen. Unzählige Fotos wurden geschossen und erst die drohenden Regenwolken brachten uns nach einer langen Pause dazu, endlich den Rückweg unter die Füsse zu nehmen. Obwohl wir schon einiges an beeindruckender Natur gesehen hatten waren wir fasziniert von der hier erlebten Schönheit. Ein Ort mit einer magischen Energie, die gemäss Enrique bereits seit langer Zeit viele Menschen in seinen Bann zieht. 

Blick über das gesamte Tal

überall stehen sie...

... die dünnstämmigen Wachspalmen...

... die den Himmel zu berühren scheinen


typisches Haus der Kaffeezone

die folgenden Bilder sprechen für sich...








unser treuer Reisebegleiter

schweren Herzens machen wir uns auf den Rückweg



und noch ein letzter Freudensprung

Valle de Cocora: ein weiteres Highlight unserer Reise

kaum im Pick-up schüttete es aus Kübeln


Zusammengeschweisst durch dieses schöne Erlebnis trafen wir uns mit der ganzen Truppe zu einem schönen Essen und lernten uns etwas besser kennen. Mit dem Paar aus Köln, Judith & Nicolas, konnten wir wieder einmal sprechen, wie uns der Schnabel gewachsen ist. Nicolas, frisch gebackener Journalist und in Liestal zur Welt gekommen, verstand durch seine Basler Verwandten unser Berndeutsch sehr gut. Judith hingegen arbeitet im sozialen Bereich und kümmert sich vor allem um Jugendliche mit Flüchtlingshintergrund. Monica und Jorgé aus Argentinien, beide Ende Fünfzig, sind immer noch sehr abenteuerlustig und neugierig. Sie hat einen russischen und deutschen Hintergrund und arbeitet als Kosmetikerin, während er ein Boot besitzt und von Buenos Aires aus verschiedene Materialtransporte ausführt. Auch er hat deutsche sowie dänische Wurzeln, nannte ihn doch seine Grossmutter ohne Spanischkenntnisse „Chorsche“ anstatt „Chorche“. Und zu guter Letzt noch Romina und Gastón, ebenfalls aus Buenos Aires. Die beiden sind in unserem Alter und feierten vor kurzem ihren ersten Hochzeitstag. Er ist im Marketing eines kleinen pharmazeutischen Labors tätig, und sie kümmert sich im Auftrag des Staates um die Korrektheit der Lotteriespiele.

Mit dem jüngeren argentinischen Paar, Romina und Gastón, verstanden wir uns besonders gut, weshalb wir uns für den nächsten Morgen verabredeten, um die nahegelegene Kaffee-Finca zu besuchen. Nach dem Frühstück zeigten uns die beiden im Internet Videos ihrer riesigen Showgruppe, die für den argentinischen Karneval, ähnlich demjenigen in Rio, mit einer wahnsinnigen Vorführung die Zuschauer begeistern. Die Bilder, die wir von Brasilien im Kopf hatten, wurden in den Videos wiedergespiegelt: wenig Stoff, schöne Menschen und schwingende Hüften flimmerten über den Bildschirm – wow! Da sahen wir mit den Videos unserer Salsa-Tanzgruppe ganz schön unattraktiv und ungelenkig aus. 

Fast hätten wir darüber vergessen, dass ja eigentlich die Finca auf uns wartete. Wir marschierten also bei strahlendem Sonnenschein los, und verpassten vor lauter Quatschen doch tatsächlich den gesuchten Bauernhof. Nach einer Extrarunde kamen wir endlich bei Don Elias an, dem legendären Kaffee-Experten der Gegend. Auf seinem Bauernhof werden noch alle Arbeiten traditionell ausgeführt: vom organischen Anbau, über die Ernte von Hand bis zum Mahlen der Kaffeebohnen mit einer manuell betriebenen alten Maschine. Zuerst führte uns der 75 Jahre alte Elias durch die Kaffeepflanzen und erklärte uns die verschiedenen Reifestadien der Früchte. Unglaublich wie fit dieser beeindruckende Mann noch war, der uns allen voran die Treppenstufen hinauf und hinunter ging und mit seinen junggebliebenen, strahlenden Augen von seiner Leidenschaft, dem Kaffee der Sorte Arabica, erzählte. 

weitere grüne Hügel auf unserem Weg

riesige Farnblätter? neee, gigantische Bambuspflanzen

Kaffeeplantage mit einzelnen Bananenstauden


die Finca las Brisas...

... mit dem legendären Besitzer Don Elias

hier riecht es zum Glück noch nicht nach Kaffee



der nimmermüde Don Elias


Und hier für alle, die wie wir bis anhin Kaffeebanausen waren, etwas zur Theorie: Nachdem die Kaffeefrucht ihre Reife erlangt hat, was man an der gelben oder roten Farbe erkennt, wird diese geerntet. Die grüne, glitschige Kaffeebohne wird aus der äusseren Schale befreit und für einen Tag gelagert, damit sie etwas trocknet. Anschliessend wird diese gewaschen und zum Trocknen an der Sonne ausgelegt. Nach ca. einer Woche wird die äussere Schale hart und springt auf, so dass die eigentliche Bohne zum Vorschein kommt. Diese wird dann über dem Feuer eine Stunde lang geröstet, bis die bekannte dunkelbraune Farbe entsteht und ein köstliches Aroma aufsteigt. Nachdem diese Bohnen gemahlen wurden, wird daraus der berühmte kolumbianische Kaffee gebrüht. Ich konnte mich nicht überwinden, den Kaffee zu probieren, aber Alessandro bestätigte, dass dieser sehr schmackhaft gewesen sei.

die roten Früchte sind bereit zur Ernte



die Kaffeebohne verbirgt sich hiner der roten Schale



nach dem Waschen werden die Bohnen getrocknet


nach Entfernung der äusseren Schale kommt das Endprodukt zum Vorschein...

... das nach der Röstung das bekannte Aroma freigibt

Lehrtochter mit ihrem Meister beim Kaffee mahlen

und bereit steht der organische Kaffee

Don Elias macht Kaffee zum Genuss!


Während der Degustation begann es wieder einmal zu regnen, und wir schnappten uns den nächsten Pick-up in Richtung Dorf, wo wir uns einen gemütlichen Nachmittag gönnten und am Abend noch einmal gemeinsam Essen gingen. 

Obwohl wir uns erst seit kurzem kannten, fiel die Verabschiedung von Romina und Gastón am nächsten Morgen schwer, hatten wir doch eine tolle Zeit zusammen verbracht und die beiden schon ins Herz geschlossen. Sollte unsere nächste Reise durch Argentinien führen, hätten wir in Buenos Aires jedenfalls bereits mehr als ein Zuhause. 

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