Sonntag, 22. April 2012

14.– 15. April 2012: Kolumbien: Cali


Unsere Reisetage können wir schon bald an einer Hand abzählen. Deshalb entschieden wir uns nur eine Nacht in Cali zu verbringen, der Salsa-Hochburg Kolumbiens. Wie wir von mehreren Quellen erfuhren sei die Stadt sowieso nicht sehenswert und wir konnten uns getrost auf das Nachtleben konzentrieren. 

Kurz vor Cali liessen wir den Buschauffeur anhalten, denn wir hatten am Strassenrand endlich unsere Traumhängematte entdeckt. 

Übrigens, bei dieser Gelegenheit müssen wir euch etwas über den lateinamerikanischen öffentlichen Verkehr erzählen. Wir finden das System der Klein- und Grossbusse einfach genial. Man erreicht praktisch jeden abgelegenen Ort zu einem billigen Preis und ist nicht auf fixe Haltestellen angewiesen. So kann man entlang der Busstrecke am Strassenrand auf den nächsten Bus warten und diesen per Handzeichen anhalten und einsteigen. Das gleiche funktioniert auch beim Aussteigen. Ist das eigene Haus in Sichtweite wird der Chauffeur gebeten anzuhalten, und dieser bremst exakt vor der Haustüre. Dies hat zur Folge, dass der Bus auch vier Mal wieder anfahren muss auf den nächsten 20 Metern. Wer läuft denn schon freiwillig die letzten fünf Meter nach Hause? Die faulen Latinos jedenfalls nicht. Ausserdem kann man den Chauffeur auch einmal bitten, nur ein Paket an einer bestimmten Adresse abzuliefern. Der Preis ist verhandelbar, je nach Aussehen und Wimpernklimpern manchmal gratis. Auch wegen der Verpflegung muss man sich keine Sorgen machen, steigen doch immer wieder Empanada- und Gaseosa-Verkäufer zu und verkaufen lauthals ihre Produkte. Öfters kommt es auch vor, dass der Chauffeur den gesamten Bus warten lässt, um private Besorgungen zu machen. Natürlich wird während dieser Zeit der Motor nicht abgestellt, wen kümmert schon die Umwelt. Je länger wie mehr versuchen sich die Kolumbianer an der Mülltrennung, was die Öko-Banausen nicht davon abhält, den gesamten Müll noch aus dem Busfenster zu schmeissen… irgendwer räumt’s ja dann schon weg. 

Wo waren wir stehen geblieben? Genau, bei den Hängematten. Seit Mexiko warten wir auf den Moment, endlich unsere perfekte Hängematte kaufen zu können. Viele sagten uns, in Kolumbien gäbe es sowieso die schönsten, also warteten wir bis am Schluss unserer Reise. Da wir schon ziemlich genaue Vorstellungen hatten, wie diese aussehen soll, war die Suche natürlich besonders schwierig. Dazu kam noch, dass wir nicht einen riesigen Betrag dafür ausgeben wollten, so nach dem Motto „bueno, bonito y barato“ (gut, schön und günstig). Aber da waren sie also, unsere Traumhängematten in einem Möbelgeschäft am Strassenrand kurz vor Cali. Wir schauten uns die verschiedenen Exemplare an und konnten uns nicht so recht entscheiden, welche Farbe wir nehmen sollten. In der Zwischenzeit hatten wir die Cousine eines Freundes, Liliana, telefonisch erreicht, die in Cali lebt und uns während unseres Aufenthalts unter die Fittiche nehmen wollte. Sie sagte uns zu, uns im Möbelgeschäft abzuholen, und schon nach kurzer Zeit war sie mit ihrem kleinen roten Chevrolet vor Ort und begrüsste uns herzlich. Da uns noch ein weiteres Möbelgeschäft etwas weiter vorne an der Strasse empfohlen worden war, um eine weitere Auswahl an Hängematten zu begutachten, zögerte sie nicht lange, und begleitete uns dahin. Und tatsächlich, unsere stundenlangen Streifzüge durch die Artesanías hatten endlich ein Ende. Um unser Prachtstück zu begutachten, müsst ihr uns aber in der Schweiz besuchen kommen!

Liliana hatte uns für die eine Nacht ein eigenes Appartement eingerichtet – verrücktes Huhn! Sie stellte uns ihre zwei Kinder, Juan Javier und Alejandra, wie auch ihre Schwester Darly und die Familienhaustiere vor. Am Abend luden wir die Familie zum Essen ein. Im „Leñas y Carbon“ assen wir unser bestes Rindfleisch seit der „Fiorentina“ in Florenz. Medium gebraten und wunderbar zart, ein Gedicht! Und erst noch erschwinglich, nicht wie dies in Schweizer Restaurants der Fall ist… 

Martina und Alessandro mit Natalia, Juan-Javier, Liliana und Alejandra


Anschliessend stürzten wir uns zusammen mit Alejandra und Darly ins Nachtleben. Im Club Miami in der Calle 66 war schon schummrige Stimmung und die Tanzpaare kreisten heftig ihre Hüften. Beim ersten Salsa Lied hielt Alessandro und mich nichts mehr auf den Sesseln und wir freuten uns, wieder einmal zu tanzen. Beim zweiten Lied hatte dann Darly die Ehre – oder eher umgekehrt? Die beiden kämpften jedenfalls sichtlich um die Führung! Kaum hatte das dritte Salsastück angefangen, wir waren knapp eine Viertelstunde im Lokal, gingen plötzlich die Musik aus und das Licht an. Alejandra meinte, es gehe sicher gleich weiter, die Polizei kontrolliere nur, ob sich auch Minderjährige im Lokal aufhielten. Leider stellte sich jedoch bald heraus, dass es die zahlreichen Polizisten nicht auf die Minderjährigen, sondern auf die Schliessung des Lokals abgesehen hatten. Auch viele andere Lokale der gleichen Strasse erwartete das gleiche Schicksal. Wie ein Löwe kämpfte Alessandro um die Rückgabe des Eintrittsgeldes sowie des Geldes der bereits bezahlten Alkoholflasche, die man obligatorisch erstehen musste (wir hatten nichts davon, die beiden Kolumbianerinnen freuten sich aber darüber). Aber der Besitzer liess nicht vernünftig mit sich reden und wollte nicht zugeben, dass offensichtlich irgendetwas mit seinen Papieren nicht in Ordnung war. Schlussendlich erhielten wir einen Anteil des investierten Geldes wieder zurück. Frustriert verliessen wir das Lokal. So hatten wir uns das heisse Nachtleben in Cali wirklich nicht vorgestellt. Alejandra und Darly war die ganze Situation sehr unangenehm und versuchten deshalb die Schuld darauf zu schieben, dass wir nur eine Nacht in Cali verbringen wollten.

die Polizei verdarb uns die Partystimmung gewaltig...

... und leer war das Lokal


Umsonst war unser Cali-Besuch trotzdem nicht. Abgesehen davon, dass wir endlich unsere Traumhängematte gefunden hatten, lernten wir eine nette Familie kennen und wurden wie Könige behandelt, obwohl wir dies unter keinen Umständen erwartet hätten. Völlig selbstverständlich fuhren sie uns am Sonntagmorgen zum Busterminal und verabschiedeten uns herzlich.


1 Kommentar:

  1. Wieviele Traumhängematten habt ihr denn nun ;)?? Ich dachte, die habt ihr bereits in Santa Marta gefunden...
    Gute Heimreise ihr beiden
    Francesca

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